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5
Okt 2012
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Die Bremer Pflegeinitiative wird ohne Beteiligung der Bremer Pflegenden unterzeichnet

Bremen, 05.10.2012 – Es hörte sich anfangs wirklich gut an: Im Erstentwurf zur Bremer Pflegeoffensive vom 20.09.2011 verpflichtet sich das Land Bremen „…zu prüfen, ob die Einrichtung einer Pflegekammer in Bremen möglich und sachdienlich ist“.. Unter der Federführung der senatorischen Behörden wurde die Bremer Pflegeoffensive ins Leben gerufen, um „…gemeinsam an der Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen und bedarfsgerechten Pflegelandschaft in Bremen“ zu arbeiten.

Die große Mehrheit der Pflegenden bei der Auftaktveranstaltung zur Bremer Pflegeoffensive haben die Gründung einer Pflegekammer als höchste Priorität zur Umsetzung dieses Zieles eingestuft. Folgerichtig wurde der Punkt zur Prüfung einer Sinnhaftigkeit der Pflegekammer an die erste Stelle der Bremer Pflegeoffensive gesetzt. Im Entwurf vom 15.05.2012 der Vereinbarung zur Bremer Pflegeoffensive gegen den Fachkräftemangel ist das Thema Pflegekammer dann plötzlich auf den letzten Platz der Prioritätenliste gerutscht. Diese Herabstufung der Priorität ist auf Verlangen der Arbeitnehmerkammer vorgenommen worden, ohne dabei den Willen der professionell Pflegenden zu berücksichtigen. Die CDU reichte noch einmal für die Bürgerschaftsdebatte am 11. Juli 2012 den Antrag auf Prüfung einer Pflegekammer ein. Dieser wurde von der SPD und ihrem Koalitionspartner, den Grünen, mit der fragwürdigen Begründung abgelehnt, nicht die Existenz der Arbeitnehmerkammer gefährden zu dürfen. Danach verschwand die Prüfung einer Pflegekammer völlig aus der Rahmenvereinbarung der Bremer Pflegeoffensive – heute „Bremer Pflegeinitiative“ genannt.

Der Bremer Pflegerat sieht es als Affront gegen die Berufsgruppe der Pflegenden in Bremen, dass selbst eine Prüfung der Pflegekammer nicht mehr vorgenommen werden soll. „So war es eine logische Konsequenz, dass der Bremer Pflegerat die Bremer Pflegeinitiative nicht mehr unterzeichnet“, schildert der erste Vorsitzende des Pflegerrats, Gerrit Krause, die Situation. „Wir haben der senatorischen Behörde jedoch das Angebot gemacht, uns als Pflegerat weiter mit unserer Fachexpertise zu Pflegethemen in Bremen einzubringen. Eine Unterzeichnung des Papiers wird es von Seiten des Bremer Pflegerats unter solchen Voraussetzungen aber natürlich nicht geben. Wir vertreten als Bremer Pflegerat die Interessen der beruflich Pflegenden und diese sind innerhalb dieses
Jahres massiv missachtet worden“, führt Krause weiter aus.

Mittlerweile ist es nicht nur der Bremer Pflegerat, der die Bremer Pflegeinitiative nicht unterzeichnet. Ihm schließen sich die Bremer Hochschulen und der Landesfachbeirat Pflege an. „So einen Schulterschluss hat es in der Pflegepolitik in Bremen lange nicht mehr gegeben. Das zeigt noch einmal deutlich auf, wie wichtig das Thema Pflegekammer in Bremen ist“, stellt Ilona Osterkamp, stellvertretende Vorsitzende des Bremer Pflegerats, heraus. Besonderes kurios an diesem Sachverhalt ist, dass am 08. Oktober 2012, trotz fehlender Pflegebeteiligung, die Bremer Pflegeinitiative unterzeichnet werden soll. Diese Kuriosität hat sicherlich auch die senatorische Behörde erkannt, als sie die „Nichtunterzeichner“ am Dienstag, den 02. Oktober zu einem Gespräch mit dem für Gesundheit zuständigen Staatsrat, Dr. Schuster, eingeladen hat. Auch hier wurde von Seiten des Staatsrats noch einmal darauf hingewiesen, dass die Einführung einer Pflegekammer in Bremen politisch nicht gewollt ist und eine Pflegekammer nicht die Probleme der Pflegenden lösen könne. Vor dem Hintergrund, dass die Prüfung einer Pflegekammer in Bremen überhaupt nicht vorgenommen wurde, ist diese Behauptung für den Bremer Pflegerat selbstverständlich haltlos.

Die Pflegevertreter haben noch mal deutlich gemacht, welche Wichtigkeit die Selbstverwaltung der Pflegenden für die gesellschaftliche Wertschätzung hat. Darüber hinaus ist anzumerken, dass derzeitig noch niemand die Umsetzung der Bremer Berufsordnung für Pflegende überprüft. Diese Überprüfung wäre eindeutig Aufgabe einer Pflegekammer. Momentan ist diese Berufsordnung nur ein gutgemeintes Papier ohne große Wirkung. Angesichts der demografischen Entwicklung in Deutschland wird der Pflegeberuf in Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnen. Der Bremer Pflegerat sieht vor diesem Hintergrund eine große Herausforderung die Qualität der Pflege in Deutschland und somit auch in Bremen aufrechtzuerhalten. „Wir brauchen eine Pflegekammer, um die Qualität der Pflege nachhaltig zu sichern und weiterzuentwickeln“, so der Pflegewissenschaftler Eckhard Lotze. Auch wenn es um die Akquirierung der ausländischen Pflegenden geht, wird in Zukunft eine Pflegekammer gebraucht, um die Sprachfähigkeiten der zugewanderten Pflegenden zu überprüfen.

Kein Pflegevertreter wird am 08. Oktober 2012 die „Pflege“-Initiative unterzeichnen. „Ob wir in Zukunft in politische Entscheidungen einbezogen werden, gilt es abzuwarten. Uns ist es aber wichtig, dass wir deutlich machen, dass die Pflege nicht mehr fremdgesteuert werden darf“, erläutert Krause den Paradigmenwechsel in der Pflege. Gegenwärtig ist es so, dass der Bremer Pflegerat – als Landesarbeitsgemeinschaft der acht in Bremen aktiven Pflegeorganisationen – nicht einmal im Landespflegeausschuss vertreten ist. Des Weiteren gab es noch keine Ansprache von Seiten des Landes, am neuen Gesetz zur Entwicklung der medizinischen Versorgungsstrukturen im Land Bremen mitzuwirken.

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