Nov 2022

Forderungen des Bremer Pflegerates, um die professionelle Pflege nachhaltig zu verbessern
Mit unseren Forderungen, die Sie hier herunterladen können, möchten wir als Bremer Pflegerat das Ziel unterstützen, die Attraktivität des Pflegeberufes zu erhöhen und dem Pflegefachkräftemangel entgegen zu wirken.
Einleitend muss konstatiert werden, dass die Situation der pflegerischen Versorgung im deutschen Gesundheitswesen einen sehr kritischen Punkt erreicht hat. Reformen, die vor 20 Jahren nicht eingeleitet wurden, wie die systematische Akademisierung der Pflegeberufe angepasst an das europäische Ausland und die Vernachlässigung der Attraktivitätssteigerung des Berufes einhergehend mit der Ökonomisierung von Gesundheit und der Gesundheitsversorgung haben im dritten Jahr der Corona Virus Pandemie dazu geführt dass Ausbildungsstellen nicht besetzt, Dienstpläne nicht eingehalten werden können, die Versorgungsqualität gesunken ist und Bürgerinnen und Bürger durch Versorgungslücken im Gesundheitssystem unterversorgt sind. Pflegefachpersonen verlassen den Beruf oder reduzieren ihre Arbeitszeit, um sich zu schützen. Und das bei einer hohen Identifizierung mit dem Beruf und den zu betreuenen Menschen! Der sich verschärfende Mangel an Lehrkräften führt zu einer unerträglichen Situation in den Ausbildungsstätten und damit zu Überlastung und Demotivation auf Seiten der Lehrenden und Lernenden.
Als Bremer Pflegerat haben wir nachfolgend aus unserer Sicht notwendige Forderungen formuliert.
- Wir fordern, dass Bremen gezielt Modellprojekte fördert, die zu einer Kompetenzerweiterung von Pflegefachpersonen führt. Dazu gehört u. a., die Rechtssicherheit von durchführenden Pflegefachpersonen herzustellen, und die schnelle Überführung in die Regelversorgung nach erfolgreichem Projektabschluss.
- Wir fordern die direkte Beteiligung von Pflegefachpersonen bei der Planung und Implementierung von Versorgungsangeboten in Bremen.
- Wir fordern, dass Pflegefachpersonen durch Kompetenzübertragung gezielt bei den Angeboten der Prävention eingesetzt werden. Dabei geht es u. a. um Angebote in Bezug auf Stillförderung, Adipositas bei Kindern und Erwachsenen, Versorgung von dementiell erkrankten Menschen, Beratung und Begleitung von chronisch Erkrankten und in der Palliativpflege.
- Wir fordern eine Verbesserung bei der Förderung von Quereinsteigern in die Lehrtätigkeit und entsprechende berufsbegleitende Angebote.
- Wir fordern einen ausreichende Anzahl und Förderung von Referendariatsplätzen
- Wir fordern den Aufbau von berufsbegleitenden Bachelor- und Master – Studiengängen in Bremen um dem massiven Lehrermangel gegenzusteuern und Führungskräftenachwuchs auszubilden
- Wir fordern eine Änderung im Rahmen der Weiterbildungsordnung im Land Bremen, um eine Spezialsierung im Anschluss an die Ausbildung zu ermöglichen und damit die Attraktivität des Pflegeberufes zu erhöhen.
- Wir fordern die Pflegeberufekammer als Selbstverwaltungsorgan für die Pflegefachberufe in allen Bundesländern sowie der Bundespflegekammer und adäquate Einflussmöglichkeiten der Vertreter:innen der Berufsgruppe im Hauptamt.
- Wir fordern Sofortmaßnahmen, um die Personalausstattung in allen Pflegebereichen (Krankenhaus, ambulante und stationäre Altenpflege) in der Nacht und am Wochenende zu verbessern. Dazu gehört primär die Anhebung der Vergütung von ungünstigen Arbeitszeiten wie z. B. Nachtarbeitszuschläge.
- Wir fordern eine angemessene und damit deutlich höhere Vergütung des Pflegeberufs in allen Pflegebereichen (Krankenhaus, ambulante und stationäre Altenpflege) durch
– Vereinheitlichen der Tarifverträge im Akut und Langzeitbereich, sowohl ambulant als auch stationär
– Refinanzierung der Tarifsteigerungen - Wir fordern eine deutliche Erhöhung der Ausbildungszahlen in der Pflege, in der aktuellen Situation vor allem die Erweiterung der generalistischen zweijährigen Pflegehilfe. Wichtig ist hier vor allem die bundesweite Vereinheitlichung der Pflegefachhilfe sowie die Aufnahme der Finanzierung in die Ausbildungspauschale und die Refinanzierung von qualifizierungsunterstützenden Maßnahmen.
- Wir fordern die Pflegeforschung und den Ausbau von pflegewissenschaftlichen Fakultäten und Pflegeprofessuren durch eine bessere finanzielle Förderung in allen Bundesländern.
- Wir fordern Übertragung von medizinischen Aufgaben (Substitution) an Pflegefachpersonal zur Gewährleistung einer adäquaten Versorgungsstruktur in der Primärversorgung – auch um die Attraktivität des Berufes zu steigern.
- Wir fordern differenzierte Maßnahmen um die Voraussetzungen für gesunde Arbeitsbedingungen und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf für die Pflegefachpersonen zu schaffen.
- Wir fordern Mindestpersonalvorgaben in Bezug auf die Entwicklung von Instrumenten zur Personalbemessung im SGB V und SGB XI Bereich auch unter dem Aspekt des notwendigen Qualifikationsmixes in der Pflege.
- Wir fordern eine strategische Planung zur Gesundheitsversorgung mit Blick auf die nächsten 15 Jahre, in der die Rolle der Profession Pflege aufgewertet ist und verschiedene Spezialisierungen wie die Schulgesundheitspflege, die Familiengesundheitspflege, die Community Health Nurses eine zentrale Position inne haben.
- Wir fordern einen Umbau des Gesundheitssystems und damit einhergehend den Umbau der Finanzierung weg vom Gesundheit als Ware hin zu bedarfsgerechter Versorgung im multiprofessionellen gleichebrechtigtem Versorgungsteam. Auf dem Weg dahin muss die Pflegeleistung durch Pflegediagnosen besser abbildbar und abrechenbar sein. Es darf keine Deckelung des Pflegebudgets geben. Im Langzeitbereich muss es auch eine adäquate Finanzierung über das SGB V geben.
Unser Ziel ist es mit den politischen Vertreterinnen und Vertretern in die Diskussion einzusteigen, um gerade hier in Bremen konkrete Lösungen zur Verbesserung der Situation in der Pflegepraxis und der Pflegeausbildung zu finden. Ein persönlicher direkter Austausch vor allem zu den länderrelevanten Punkten ist uns essenziell. Nur gemeinsam können wir die dramatische Lage, in der sich die Pflegefachpersonen und damit auch die Patientinnen und Patienten befinden, verändern.
Bremer Pflegerat
Heidrun Pundt (Vorsitzende)
Heidi-Susann Fischer (stellv. Vorsitzende)
Barbara Venhaus-Schreiber (stellv. Vorsitzende)